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3.2.2 PFOS und PFOA

Unter per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) fällt letztlich eine sehr große Zahl verschiedener Fluorverbindungen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) listet 853 Stoffe, wobei die tatsächliche Zahl noch höher liegen dürfte. Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA) sind niedermolekulare Perfluorverbindungen. Bei solchen Molekülen unterhalb einer bestimmten Molekülgröße (Molekülmasse kleiner als 1000) geht man im Allgemeinen davon aus, dass sie über den Magen-Darm-Trakt in die Blutbahn von Tieren und Menschen aufgenommen werden können. Sie haben sich als besonders problematisch hinsichtlich ihrer Umwelteigenschaften und ihrer gesundheitlichen Auswirkungen gezeigt. (106)

Bis zum Jahr 2006 wurden PFOS etwa als Ausgangsmaterial zur Herstellung von schmutz-, fett- und wasserabweisenden Oberflächenbehandlungen von Teppichen, Polsterungen und Verpackungen aus Pappe und Papier und in Feuerlöschmitteln verwendet. Im Jahr 2006 schränkte die Europäische Kommission den Gebrauch von PFOS stark ein, sodass seitdem die Substanz nur noch in wenigen Spezialanwendungen – beispielsweise in der Raumfahrt – erlaubt ist. PFOA hingegen darf erst seit dem Jahr 2020 nicht mehr hergestellt und in den Verkehr gebracht werden. Die Industrie benutzte sie, um Antihaftbeschichtungen für Bratpfannen herzustellen und um Kleidung wasser-, öl- und schmutzabweisend zu machen.

Neben dem bereits in die Umwelt eingetragenen PFOS und PFOA können zahlreiche organische Fluorverbindungen zu PFOS bzw. PFOA abgebaut werden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von polymeren Materialien, welche Reste oder Verunreinigungen von PFOS und PFOA oder verwandten Verbindungen enthalten und diese unter Umständen freisetzen. Hierzu gehört beispielsweise Polytetrafluoroethylen (PTFE; Handelsname Teflon®). Viele Haushalts- und Küchengeräte wie antihaftbeschichtete Pfannen, Töpfe, Bräter, Kuchen- und Backformen, Grills und andere Behältnisse enthalten Polytetrafluoroethylen.

Im Gegensatz zu den niedermolekularen PFC wie PFOS und PFOA bestehen Polymere aus vielen gleichartigen, chemisch miteinander verknüpften Einheiten und sind somit deutlich größer. Sie gelten hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit und somit auch Toxizität als weniger problematisch, solange sie nicht, wie etwa bei der thermischen Zersetzung, in Bruchstücke gespalten werden. Problematisch sind aber ihre Herstellung und Entsorgung, die im fertigen Produkt enthaltenen niedermolekularen Restbestandteile aus der Produktion sowie eine mögliche Zersetzung durch zum Beispiel hohe Temperaturen. Einer der größten Hersteller von Teflon®, geht von einer Zersetzung ab 260 °C aus und empfiehlt auf seiner Internetseite, teflonbeschichtete Koch- und Bratgefäße nicht über 260 °C zu erhitzen. (121) Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schätzt den Übergang vom PFOA aus Teflon®-Beschichtungen auf Lebensmittel unter normalen Verwendungsbedingungen zwar äußerst gering ein, jedoch können insbesondere auf Gas-, aber auch Elektroherden leicht Temperaturen von über 260 °C erreicht werden. (122,123)

PFOS und PFOA zeigen eine moderate akute Giftigkeit bei oraler und inhalativer Aufnahme. In berufsbedingten Belastungen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Arbeitsunfällen durch direktes Einatmen von Teflon®-Gasen; auch tödliche Fälle wurden damit in Verbindung gebracht. (124,125) In einer Fabrik in den USA kam es Mitte des letzten Jahrhunderts zu einer epidemieartigen Ausbreitung des „Teflon®-Fiebers“ als formgebende Teile für Epoxy-Kunststoffe mit Teflon® eingesprüht wurden. Von 61 Arbeitern zeigten 36 Atembeschwerden, Hustenanfälle und Fieber. Bei dermaler Aufnahme (über die Haut) ist die akute Giftigkeit geringer. (106) Bei wiederholter Exposition ist die Giftigkeit jedoch höher, wobei hier bei beiden Substanzen eine Schädigung der Leber im Vordergrund zu stehen scheint. (105) Aufgrund der Effekte auf die Leber wurde PFOA gemäß CLP-Verordnung als “leberschädigend nach wiederholter Exposition eingestuft”. Auch PFOS ist gemäß dieser Verordnung wegen spezifischer Zielorgantoxizität nach wiederholter Exposition eingestuft, jedoch ohne Spezifizierung von Zielorganen. (102)

Aufgrund der guten Wasserlöslichkeit gelangen PFC leicht in das Grundwasser oder in die Flüsse und verteilen sich dort unaufhaltsam. Mit einer Halbwertszeit von 92 Jahren belasten diese Substanzen trotz der Verbote noch eine Weile unser Ökosystem. (126) Einmal aufgenommen bleiben PFOA und PFOS über mehrere Jahre im Organismus. Im Unterschied zu vielen anderen sich anreichernden chemischen Stoffen sind sie nicht sehr gut fettlöslich. Sie reichern sich deshalb nicht in vergleichbarem Maß im Fettgewebe an, sondern binden sich an Proteine des Blutserums. (106)

PFOS und PFOAS in Fisch und Wildtieren

Eine Belastung des menschlichen Organismus mit perfluorierten Chemikalien (PFC) erfolgt überwiegend durch die Aufnahme über das Essen. (127) Der Ausgangspunkt ist auch hier vor allem die Belastung der Umwelt. Die weltweite Verbreitung ist zwischenzeitlich so weit fortgeschritten, dass in allen untersuchten Wildtieren Europas PFOS nachgewiesen werden kann. Tiere am oberen Ende der Nahrungskette weisen dabei besonders hohe Konzentrationen auf. (106) Das Bundesamt für Risikoforschung hat aufgrund von Daten des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aus den Jahren 2005 bis 2018 hohe mittlere Konzentration von PFOS vor allem in den Innereien von Wild (vor allem Wildschwein), einigen Salzwasserfischarten (Gruppe der Barschartigen) und vielen Süßwasserfischen (z. B. Karpfen, Aal, Zander und Hecht) ermittelt. Hohe mittlere Konzentrationen an PFOA wurden insbesondere in Wildschwein (Fleisch und Innereien), Karpfen und Hecht gemessen. (104)

Für PFOS wurde von der EFSA eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 150 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag festgelegt. Das EFSA CONTAM-Gremium kam zu dem Schluss, dass die Exposition der Allgemeinbevölkerung deutlich unter dem abgeleiteten TDI liegt, während stark exponierte Personen diesen Wert leicht überschreiten könnten. Für PFOA wurde ein TDI von 1,5 Mikrogramm pro Kilogramm pro Tag abgeleitet. Die geschätzte ernährungsbedingte Exposition liegt laut CONTAM Gremium der EFSA deutlich unter dem TDI. (105)

Mehr Informationen über persistierende organische Substanzen im Allgemeinen finden sie in Kapitel 3.

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