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23.1.1 Carrageen

Aus technischen Gründen kommt bei der Herstellung von HPMC-Kapselhüllen oft das Binde- und Geliermittel Carrageen zum Einsatz, das als Hilfsstoff bei Kapseln nicht deklariert werden muss. Carrageene sind langkettige Kohlenhydrate, die aus Rotalgen gewonnen werden. Im fertigen Produkt liegt meist eine Mischung der Unterformen κ-, ι-, oder λ-Carrageen vor. Der Großteil der Algen wird heute auf den Philippinen gewonnen. Für die Herstellung werden die Rotalgen gewaschen, in alkalischer Lösung gekocht und schließlich mit Alkohol ausgefällt oder mittels Kaliumchlorid geliert und abgepresst.

Carrageen ist als Lebensmittelzusatzstoff E407 ohne Höchstmengenbeschränkung in fast allen Lebensmittelkategorien zugelassen. Es wird häufig in fettreduzierten Produkten verwendet und als Verdickungsmittel ist es z. B. in Fruchtsaftgetränken, Salatdressings, Joghurts und Tomatensaucen enthalten; als Geliermittel in Tortenguss, Götterspeise, Weingummis oder Instant-Desserts. Während es für Säuglingsnahrung nicht eingesetzt werden darf, ist es aber für Folgemilch und Kleinkindnahrung erlaubt.

Unterschiede gibt es bei den verschiedenartigen molekularen Formen des Carrageens, wobei die kleinmolekulare Form nicht erlaubt ist, da sie nachweislich gesundheitsschädlich wirkt. Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen Kommission (SCF) empfahl daher, den Gehalt degradierter Carrageene in E407 so gering wie möglich zu halten. Das großmolekulare, zugelassene Carrageen darf gesetzlich aber bis zu 5 % Verunreinigungen mit kleinmolekularen, schädlichen Formen enthalten. (637) Darüber hinaus gibt es widersprüchliche Hinweise, ob das großmolekulare Carrageen im Magensaft zu einer schädlichen, degradierten Form umgewandelt wird oder nicht. (638–640) Die meisten Autoren gehen aber davon aus, dass Carrageen als Lebensmittelzusatzstoff unverdaulich ist und unverändert wieder ausgeschieden wird. Weil dennoch ungeklärt ist, ob Carrageen über den Darm von Säuglingen aufgenommen wird, empfahl das SCF, E407 nicht für Säuglingsnahrung zuzulassen. Von der FAO bzw. WHO und der FDA wurde Carrageen als harmlos bewertet. Dennoch wurde ein ADI-Wert von 75 mg/kg Körpergewicht pro Tag festgelegt. (637) In einer Reevaluierung des Stoffes befand die EFSA im Jahr 2018, dass Unsicherheiten bezüglich der chemischen Zusammensetzung, Expositionsbewertung sowie biologischer und toxikologischer Daten bestünden und beschloss daraufhin, dass der bisherige ADI-Wert als temporär angesehen wird und innerhalb von 5 Jahren die Datenlage verbessert werden soll. (640)

Die wissenschaftliche Studienlage zur Wirkung des Stoffes ist insgesamt tatsächlich nicht eindeutig. In Tierversuchen mit niedermolekularem Carrageen wurde eine darmentzündungs- und darmgeschwürerzeugende, krebserregende und das Immunsystem sowie die Darmflora negativ verändernde Wirkung gezeigt. (639,641) Es steht im Verdacht, auch beim Menschen an der Entstehung von Magen-Darm-Geschwüren und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen beteiligt zu sein. (639,641) Die Mechanismen der Carrageen-vermittelten Darmentzündung sind mittlerweile gut erforscht. So führen Carrageene zur Bildung entzündungsvermittelnder Cytokine und auch die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies scheint eine Rolle zu spielen. (642) Dies ist nicht zuletzt deshalb so gut erforscht, weil bei vielen Pharma-Tierversuchen Carrageen sogar systematisch zum Hervorrufen von Entzündungen eingesetzt wird, um antientzündliche Mittel zu testen. (639,643) Daher ist auch bekannt, dass Carrageen die gleichen Faktoren verändert, die an der Entstehung von Diabetes beteiligt sind, was bedeutet, dass die durch Carrageen ausgelöste Darmentzündung die Entstehung von Diabetes begünstigen kann. (642) Carrageen wird auch im Rahmen der Erprobung neuer Medikamente gezielt zur Auslösung von Arthritis und Thrombosen verwendet. (644–646)

Einige Autoren vertreten die Meinung, Carrageen sei nicht gesundheitsschädlich. (638,647) Ihre Kritik an oben genannten Studien bezieht sich vor allem darauf, dass die nachteiligen Wirkungen nur bei unphysiologisch hohen Dosierungen aufträten (> 5 mg/kg Körpergewicht) oder sich ausschließlich auf das niedermolekulare Carrageen bezögen, welches ja nur in geringen Mengen in Lebensmitteln vorkommt. Außerdem wäre nicht berücksichtigt worden, dass sich Carrageen als Einzelsubstanz gegeben anders verhielte als im Nahrungsbrei verabreicht. Eine dieser Bewertungen wurde allerdings von einer Consultingfirma für einen Carrageenhersteller durchgeführt. (647) Die EFSA nimmt hierzu in ihrer Reevaluierung 2018 deutlich Stellung und sieht die Studienlage gerade in Bezug auf die niedermolekularen Formen und deren unklare Anteile in Produkten als unzureichend an. (640)

Nicht unerwähnt bleiben sollen neuere Untersuchungen, denen zufolge bestimmte Formen von Carrageen auch eine antikanzerogene Aktivität haben können, da sie die Sekretion des IL-10 (Interleukin 10) anregen. Daher wird es als natürliches Produkt zur begleitenden Krebstherapie erforscht. (648,649)

Für eine Übersicht zu Hilfsstoffen in Kapselhüllen siehe Kapitel 23.

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